Marieke Reimann über Außenwirkung und Eigenwerbung der ARD.
Trommeln für den Tanker: Marieke Reimann, seit 2021 Zweite Chefredakteurin des SWR, nervt die "fehlende Eigenwerbung" der ARD. Im turi2 Clubraum mit Markus Trantow und Aline von Drateln sagt sie, die ARD mache "so geiles Zeugs" und habe "so viele Leute mit einem starken journalistischen Verständnis", doch sie schaffe es noch nicht, dem Krisenmodus etwas entgegenzusetzen: "Für den Tanker, der wir ja sind, verstecken wir uns manchmal vor unserer eigenen Courage." Sie wünscht sich "mehr Power hinter dem Bollwerk ARD", Kampagnen mit prominenten Testimonials und dass auch hochrangige Vertreterinnen der Rundfunkanstalten in den sozialen Netzwerken stattfinden.
"Wir sind alle ganz dicht dran an der Krise des RBB und der generellen Identitätskrise der ARD", sagt sie. Die Medien stünden unter einem Generalverdacht, aber die ARD treffe es besonders. Die Mitarbeitenden müssten sich "tagtäglich dafür rechtfertigen, dass es Rundfunkgebühren gibt" und trotzdem nicht alle die Berichterstattung angemessen fänden. Reimann bleibt dennoch optimistisch. Die ARD sieht sie jetzt in der Bringschuld, für mehr Transparenz zu sorgen – und offener für unterschiedliche Perspektiven zu werden.
Sie forder "mehr Durchmischung", die Einstiegshürden in der Medienwelt insgesamt seien immer noch zu hoch. Sie fordert zum Beispiel andere Auswahlkriterien in den Journalistenschulen, sichtbarere Stellenausschreibungen und bessere Praktikumsvergütungen. Dabei spielt für sie auch ihre ostdeutsche Herkunft eine Rolle – eine Perspektive, die nach wie vor nicht genug vertreten sei. Auch deshalb findet sie ihre Arbeit beim SWR toll – weil sie dadurch die Chance habe, als eine der wenigen ostdeutschen Führungskräfte in westlichen Medienunternehmen eine Vorbildfunktion einzunehmen.
Als Kind hört Reimann "Radio Lollipop" von Rolf Zuckowski und interviewt ihre Mutter beim Kochen. "Da wusste ich, ich muss irgendwas mit Radio machen", erinnert sie sich. Nach dem Studium arbeitet sie zunächst als Autorin für "Süddeutsche" und "11 Freunde" und baut dann bei der "Zeit" das Jugendmagazin ze.tt mit auf. Als ze.tt zu einem Ressort von Zeit Online wird, nimmt sie sich eine Auszeit und wechselt dann zum SWR.
"Wir hatten beide kurz so einen Schockmoment, und der hält bis heute an", kommentiert sie mit einem Lachen die enorme Umstellung, die das für sie bedeutet hat. Ihr Alltag sei jetzt strukturiert durch Arbeitsgruppen und Gremien. Es gebe eine sehr hierarchische Struktur, "die man lernen muss einzuhalten". Grundsätzlich findet sie die demokratischen Strukturen gut, aber die langen Dienstwege seien manchmal hinderlich, "weil es Leute davon abhält, selbstständiger zu arbeiten." Viele würden gerne mehr machen, ist Reimann überzeugt. "Aber man traut sich zu langsam."
In der nächsten Woche findet der turi2 Clubraum schon am Mittwoch, den 12.10. statt. Markus Trantow und Aline von Drateln sprechen live on stage im Audiocenter Berlin mit Nina Gerhardt, Geschäftsführerin von RTL Radio Deutschland, und Christian Schalt, Geschäftsleiter der Audio Alliance.
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